Chiffre „Oberhausen“. Suchbewegungen zwischen Ästhetik, Politik und Utopie des Neuen Deutschen Films

Christian Schulte, Ralph Eue, Alexandra Hesse, Jana Koch, Stefanie Schmitt (Hg.)

Berlin: Vorwerk 8, 2016

Die Proklamation des »Oberhausener Manifests« auf den Oberhausener Kurzfilmtagen im Februar 1962 gilt allgemein als Gründungsszene des Neuen Deutschen Films. »Papas Kino ist tot!« – so lautete die Parole, die auf grünen Klebezetteln zu lesen war und hinter der sich weniger ein Programm denn eine Kampfansage verbarg.

Inspiriert von der französischen Nouvelle Vague deklarierten 26 Nachwuchsregisseure [darunter Alexander Kluge und Edgar Reitz] ihren Anspruch, den deutschen Film zu erneuern, andere Filme zu machen, als man es von der dominierenden Kinematografie Hollywoods und den – immer noch dem Ufa-Stil verpflichteten – Ausstattungsfilmen der 50er Jahre gewohnt war.

Profitierend von der tiefen Wirtschaftskrise, in die das deutsche Nachkriegskino seit den späten 50er Jahren geraten war, konfrontierten sie die etablierten Altregisseure und Produzenten mit einem ganzen Katalog an Forderungen, die das Kino aus der Krise führen sollten. Diese Forderungen betrafen eine gezielte Förderung des Filmnachwuchses, die Gründung von Filmhochschulen und einen anderen Umgang mit Fördermitteln. Vor allem aber hatten sie – bei aller Verschiedenheit in den ästhetischen Formen – ein gemeinsames Interesse: die Auseinandersetzung mit der sozialen Wirklichkeit im Deutschland der Nachkriegszeit. Zur Begutachtung steht das Oberhausener Manifest als kultur- und mentalitätsgeschichtliches Schwellenphänomen in der Bundesrepublik der 1960er Jahre, die thematischen Horizonte der ›Oberhausener‹, die interdisziplinären Schnittstellen in ihren Arbeiten [Film, Fernsehen, Literatur, Theorie und Politik], ihre Interaktion mit zeitgleichen kulturell-politischen Erneuerungsbewegungen in anderen Ländern sowie der Stellenwert des Oberhausener Manifests im Zusammenhang weiterer künstlerisch-politischer Manifeste im zwanzigsten Jahrhundert.

Ankündigung auf der Website des Verlages Vorwerk 8,
256 Seiten mit zahlreichen Abbildungen

ISBN 978-3-940384-73-7

Bestellmöglichkeit und weitere Informationen auf der
Webseite des Verlags Vorwerk 8

INHALT:

  • Vorbemerkung
  • Christian Schulte: Eine Frage der Brennweite
  • Eric Rentschler: Siegfried Kracauer, Filmkritik, and the Young German Film
  • Heinrich Adolf: Obermünchhausener Topographie. Konkrete Negation und utopische Positionierung
  • Nils Plath: Endlich Progress. Das Oberhausener Manifest als Manifest zu seiner Zeit
  • Jörg Becker: Der Look der Sixties und die ,Oberhausener‘. Betrachtungen zur Filmästhetik der sechziger Jahre
  • Haro Senft: Unglaubliche Geschichten vom ersten Deutschen Atomkraftwerk Kahl
  • Gerline Waz: Experimentelles Fernsehen der 1960er und 1979er Jahre in Deutschland
  • Olaf Möller: Ströme
  • Karin Harasser: Die Zukunft gehört der Geschichte des Kinos. Abschiede rund um Oberhausen
  • Franziska Latell: Moskau 57 – Jazz im Kreml – Moskau ruft! Genealogie fast vergessener Filme
  • Nina Linkel: Die Ästhetik der Unabhängigkeit. Eine filmpolitische Lesart von ,Tobby‘ (1961) und ,Das Brot der frühen Jahre‘ (1962)
  • Anna Koblitz: Fliegen. Warten. Hoffen. Die frühen Filme von Roland Klick
  • Johannes Beringer: Verehrung für eine Verruchte
  • Florian Wüst: Sinus und Sägezahn. Elektronische Musik im Industrie- und Experimentalfilm der fünfziger und sechziger Jahre
  • Franziska Bruckner: Unkraut schießt auf Gartenzwerge. Der ,grafische‘ Film von Wolfgang Urchs
  • Christine N. Brinckmann: Vlado Kristl. Fremder Vogel in Oberhausen
  • Rückblicke auf Oberhausen. Disskussion im österreichischen Filmmuseum am 07. Juni 2012
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  • Bildquellen