Pikareskes Erzählen bei Alexander Kluge
Freitag, 7. Dezember 2018 – 17:15
tfm | Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft – UZA II/Rotunde, Raum 2H467, Althanstr. 14, A – 1090 Wien
Beitrag zum Alexander-Kluge-Workshop am 7. Dezember 2018
Die pikaresken Romane der Frühen Neuzeit („Schelmenromane“) erzählen von Reisen durch gesellschaftlich wie geographisch feindliche Gebiete, der Erzählakt selbst wird dabei Teil einer ständisch nicht mehr festgelegten Überlebenskunst. Der Vortrag will die Spuren dieser literarischen Tradition, die Überlebens- und Erzählkunst wirkmächtig miteinander verknüpft, bei Alexander Kluge nachzeichnen, am Beispiel der Erzählung Ein Teil seiner Intelligenz ist in die Zunge abgewandert: Für die Pikareske einschlägige, karnevaleske Verfahren wie Verkleinern, Vergrößern, Spiegeln und Verkehren eröffnen in Ernst Opels Reise an die Ostfront einen emblematisch lesbaren Raum von Möglichkeiten und verpassten Chancen, aus Ernst Opels Zunge entfalten sie den Keim einer Utopie.
Ein Vortrag von Ulrike Sprenger
Ulrike Sprenger ist Professorin für Romanische und Allgemeine Literaturwissenschaft an der Universität Konstanz. Ihre Forschungsschwerpunkte sind die französische Erzählkunst des 19. Jahrhunderts (Proust ABC, 1996), die skeptische Philosophie der französischen Moralisten und die religiöse Kultur des spanischen Barock (Stehen und Gehen, 2013). Von 1993 bis 2017 war sie regelmäßig Interviewpartnerin in Alexander Kluges Kulturmagazinen zu literatur- und kulturwissenschaftlichen Themen. Jüngste Veröffentlichungen sind: „Der Gehülfe als Moralist. Robert Walser, Stendhal und die französische Affektenlehre, in: Bernd Stiegler et al., Robert Walsers Ambivalenzen, erschienen 2018.